07.06.2021
Gemeindeserie zum Seniorendienst ab 60
Der Seniorendienst Allschwil/Schönenbuch kümmert sich mit Unterstützung der Gemeinde Allschwil seit Jahrzehnten um ältere Menschen. Alle wollen im Alter in ihren gewohnten vier Wänden bleiben; dies schafft Bedürfnisse. Der Seniorendienst bietet eine Diskussionsplattform für die Leserschaft der lokalen Medien. Dort geht es darum, wie die Betreuung von Menschen ab 60 verbessert werden kann. In der in dieser AWB-Ausgabe startenden Interview-Serie äussern sich anerkannte Spezialistinnen und Spezialisten zur Thematik. Seniorendienst-Vorstandsmitglied Enrico Bonometti eröffnet die Serie mit Interviewgast und Fernsehlegende Kurt Aeschbacher, seinerseits Herausgeber des Magazins «50Plus» und Botschafter für gesundes Essen im Alter.
Enrico Bonometti: Kurt Aeschbacher, fühlen Sie sich alt?
Kurt Aeschbacher: Wer fühlt sich schon alt? Als ich meiner Mutter mit 90 vorschlug, ob sie sich einen Platz in einer Alterseinrichtung vorstellen könnte, meinte sie lapidar, sie wolle keinesfalls an einen Ort ziehen, wo es nur alte Menschen gäbe. Unsere persönliche Wahrnehmung von «Alter» ist bewiesenermassen sehr individuell. Das hängt aber hauptsächlich damit zusammen, dass «das Alter» gesellschaftlich immer noch als eine Art Krankheit stigmatisiert wird. Man verbindet – in einem Zeitalter, das Jungsein als Dauerzustand idealisiert – das Alter automatisch mit dem Verlust geistiger und körperlicher Fähigkeiten und nicht als Reifeprozess. Zurück zu Ihrer Frage: Ich weiss, dass ich mit 73 Jahren statistisch zu den Alten gehöre und mache daraus auch kein Geheimnis. Aber ich fühle mich jung genug, um mit jüngeren Menschen zusammenzuarbeiten, dabei mitzuhelfen, neue Unternehmen auf die Beine zu stellen und auch dank einer gewissen Lebenserfahrung andere Generationen zu unterstützen.
Als Herausgeber von 50plus, eines Magazins für «Mittelalterliche ab 50», haben Sie sicher Erfahrungen, wie ein Leben im 3. Abschnitt idealerweise aussieht?
Es gibt kein ideales Leben. Ich hüte mich auch davor, anderen Menschen Ratschläge zu erteilen. Meine Überzeugung ist es jedoch, dass man nur dann mit seinem Dasein als älterer Mensch zufrieden wird, wenn man vorher, noch während seiner Zeit im Berufsleben, für sich klare Werte definiert und danach lebt. Wenn man Freundschaften stets aktiv pflegt und sich nicht in einer altersmässigen Blase abschottet. Aber dieser Prozess beginnt nicht erst mit 60.
Warum füllen sich viele Leute nach der Pensionierung den Tag mit Aktivitäten? Angst vor der Leere?
Was ist schlecht an vielen Aktivitäten? Sie sind sicher sinnvoller, als einfach zuhause vor sich hinzustarren und dem Gemüse beim Wachsen zuzusehen, bis man selbst zu Gemüse wird. Für den Einzelnen stellt sich höchstens die Frage, ob seine Beschäftigungen sinnvoll sind oder ob sie nur dazu dienen, die Zeit totzuschlagen. Aber das muss jeder für sich entscheiden.
Sie haben noch viele Mandate, wenig Freizeit und Ihr schönes Haus im Süden von Frankreich ist zu oft leer. Warum tun Sie sich das mit 73 noch an – respektive: Was läuft hier falsch? Oder sehen Sie sich etwa als Vorbild?
Da läuft gar nichts falsch und ich sehe mich auch nicht als Vorbild. Ich möchte schlicht die Zeit, die mir bleibt, mit sinnvollen Tätigkeiten bereichern, die mir neue Einsichten schenken, die hoffentlich mithelfen, andere Menschen zu unterstützen und im besten Fall einen gesellschaftlichen Beitrag darstellen.
Ein Motto von Ihnen lautet: Blybet neugierig! Ein Rezept zur Stärkung des alternden Gehirns?
Das Gehirn ist eine Art Muskel, den es ständig zu trainieren gilt. Das geht jedoch nur, wenn man nicht zu denken aufhört und Neuem gegenüber aufgeschlossen bleibt. Das gilt übrigens für jedes Alter.
Man kennt Sie als hilfsbereiten Menschen. Macht helfen glücklich und zwar alle und in jedem Alter?
Ja, unbedingt.
Unser Dienst liefert täglich über 60 warme Mahlzeiten an Leute, die nicht selbst kochen können. Sie sind Botschafter für gesundes Essen im Alter: Was hat Sie dazu bewogen?
Die Überzeugung, dass gutes, regelmässiges Essen die Lebenslust und die Gesundheit steigert.
Wir führen in Allschwil im Herbst einen Stammtisch für Leute ab 60 ein. Wie kann eine Organisation Menschen rund um die Pensionierung unter die Arme greifen?
Indem man Möglichkeiten bietet, Erfahrungen auszutauschen, sich bewusst ist, dass jeder Mensch andere Fragen hat und dass man Fachwissen anbietet, das ganz konkret Fakten bereitstellt. Aber das Wichtigste ist, dass man Angebote bereitstellt, die mithelfen, Einsamkeit zu vermeiden.
Herr Aeschbacher, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Diskutieren und helfen Sie mit
Haben Sie Anregungen, was Ihre Gemeinde für Leute ab 60 an zusätzlichen Serviceleistungen anbieten soll? Oder möchten Sie sich selber engagieren? Schreiben Sie Ihren Kommentar dazu oder zum Interview auf der Webseite des Seniorendienstes unter www.sendias.ch. Und merken Sie sich das Datum des 1. Stammtischs für Leute ab 60 am 26. Oktober um 19 Uhr im Vereinslokal an der Oberwilerstrasse 3 in Allschwil.
Kurt Aeschbacher (rechts im Bild), langjähriger TV-Moderator der nach seinem Nachnamen benannten ehemaligen SRF-Sendung, engagiert sich für Senioren – unter anderem als Botschafter für gesundes Essen Bild zVg.
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