Gemeinde Allschwil

Und heute.... 40 Jahre Offene Jugendarbeit in Allschwil, ein Rückblick und Ausblick in drei Teilen

04.12.2018

Im dritten und letzten Teil spricht das Team vom Freizeithaus Allschwil mit Christoph Morat, Gemeinderat und zuständiger Ressortverantwortlicher für Kultur, Freizeit & Sport und erörtert, mit welchem Verständnis heute die Offene Jugendarbeit betrieben wird. Mit am Tisch sind Peter Back, Jelena Jankovic, Michel Nobile, Luca Russo (Zivildienstleistender), Lucia Sitton (Jahrespraktikantin) und Daniel Schäfer.

Wir sitzen im Jugendfreizeithaus am Hegenheimermattweg 76 vor der Theke der «chill emol-Bar», wo sich gewöhnlich die älteren Kinder und Jugendlichen verpflegen lassen und mit den Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeitern im Gespräch sind. Aus vier Richtungen gilt es die Offene Jugendarbeit und seine Wirkungsweise zu betrachten.

Die Institution Freizeithaus braucht es, weil…

Welche Ziele hat die Offene Jugendarbeit und aus welchem Grund soll sie angeboten werden?

Peter: Um eine grosse Gemeinde familienfreundlich zu gestalten, braucht es u.a. eine Anlaufstelle, einen Ort an dem die Bedürfnisse und Anliegen der Jugend gesammelt werden und erlebnisreiche und kostenfreie Angebote zur Nutzung zur Verfügung stehen.
Jelena: Die Jugendarbeit stellt auf Mitwirkung ab. Vieles ist möglich und wer sich einbringt erlebt im Freizeithaus Unterstützung. Dabei führt Engagement zu Kompetenz und erhöht die Selbstwirksamkeit. Das Freizeithaus bietet somit vielseitige soziale Lernfelder und befähigt.
Christoph: Die Jugendarbeit nimmt die Sicht der Jugendlichen ein, ist als Teil des Gemeindenetzwerkes in der Sozialisierung der Jugend eingebunden und bemüht sich um einen geschützten Raum auf dem Weg zum Erwachsensein.
Daniel: Das Freizeithaus vermittelt Werte und es nimmt Traditionen auf. Wir Mitarbeiter setzen uns mit den Besuchern auseinander. Alle sind willkommen. Fairness und Respekt im gegenseitigen Umgang und mit der anvertrauten Infrastruktur wird eingefordert. Ansonsten ist die Jugendarbeit anspruchslos - es geht immer um Beziehungen und Räume.

Was ist der Nutzen für die Verwaltung, sowie für die Gesellschaft im Allgemeinen und die Einwohner von Allschwil im Besonderen?

Christoph: Die Offene Jugendarbeit ist ein ergänzendes Angebot zur Vereins- und Verbandsarbeit. Es erlaubt Erlebnisse und Erfahrungen ausserhalb der Familie und über das nähere Wohnumfeld hinaus und soll in einem urbanisierten Umfeld einen niederschwelligen Zugang für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten. Ob sich Jugendliche engagieren und sich zweckvoll einbringen oder ob sie den Ort schätzen, wo nichts gefordert wird und man sich unter seinesgleichen treffen kann - das Freizeithaus bietet diesen Mehrwert.
Michel: Die Jugend nimmt sich öffentlichen Räume an. Die Jugendarbeit versteht sich dabei als Brückenbauer zwischen der Jugend und der Gesellschaft - sie vermittelt oder kann sich parteiisch für die Anliegen der Jugendlichen einsetzen.
Lucia: Das Freizeithaus ist als Begegnungsort integrativ und fördert den Austausch von Jugendlichen verschiedener sozialer Herkunft und Alter.

Jugendliche besuchen das Jugendfreizeithaus, weil…

Was macht die Institution zu einem guten Ort?

Lucia: Es arbeiten offene, aufgeschlossene und aufmerksame Leute im Freizeithaus. Die Anliegen der Jugendlichen werden erst genommen und Lösungen gemeinsam gesucht.
Luca: Das Jugendfreizeithaus hat eine super Infrastruktur, Räume für unterschiedliche Nutzungen und ein Areal zur aktiven Freizeitgestaltung mit Dirtbahn/Pumptrack, Hartplatz für Basketball, Skaterelemente und Halfpipe, Spielwiese mit Fussballgoals, Street-Workout-Anlage und einer Feuerschale. Öffnungszeiten am Nachmittag und am Abend, spezielle Öffnungszeiten für Girls und Boys (ab 11 Jahre mit Nachtessen) und die Sportnächte im Winter garantieren Begegnungen und Unterhaltung.

Welchen Mehrwert bietet das Angebot für die jungen Gästen?

Christoph: Das offene und öffentliche Angebot ist zeitgemäss: Die Jugendlichen entscheiden kurzfristig, haben gleichwohl Interessen an einem stetigen Ort mit verlässlichen Ansprechpersonen. Es besteht ein starkes Bedürfnis nach geschützten Räumen und Begegnungsorten unter Gleichgesinnten.
Peter: Sie nutzen das Angebot auch für den Ablöseprozess und zur Bildung eigener Meinungen und Haltungen. Zusätzlich erwerben sie in der Bargruppe oder in Projektgruppen individuelle Kompetenzen. Die Unterstützung erhalten sie durch die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter.
Daniel: Zudem bekommen sie durch uns ein Feedback aus der Erwachsenenwelt. Sie können sich ausleben, erhalten aber auch Reaktionen und Konsequenzen für ihr Handeln. Gleichwohl ist es ein Ort, wo Sachen ausprobiert und auch Fehler gemacht werden dürfen.

Wieso braucht es Jugendarbeit aus der Sicht der Jugendlichen?

Jelena: Aktuelle Besucherinnen und Besucher bemerken, dass Konsum immer voraussetzt, dass jemand etwas bereitstellt oder anbietet. Keine Party kommt einfach so zustanden. Kein Wienerli kommt alleine ins Brötli. Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter eröffnen Möglichkeiten. Aber erst die Mitwirkung der Jugendlichen führt zu einem attraktiven Angebot.
Michel: Im Rückblick erzählen ehemalige Jugendliche von den erlebten Freiräumen und dass sie mit den Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeitern vertrauensvolle und verständnisvolle Leute um sich hatten.

Die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter engagieren sich, weil…

Was ist die Motivation für eine gute Jugendarbeit?

Jelena: Interessen an den Jugendlichen und insbesondere an den Entwicklungsschritten, welche Jugendliche im Übergang vom Kind zum Erwachsenen erleben und durchstehen dürfen. Besonderes Augenmerk gilt Jugendlichen mit nicht gerade laufenden Biografien.
Michel: Den Jugendlichen einen positiven Blick auf die Welt mitgeben und Momente schöner und bedeutender Erfahrungen bieten. Sie sollen mutig und bestärkt den Weg in die Eigenständigkeit gehen.

Und wie zeichnet sich gute Offene Jugendarbeit aus?

Daniel: Durch Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter, die wertschätzend, unvoreingenommen, achtsam, aufgeschlossen, solidarisch, engagiert und ausdauernd agieren. Im Haus müssen sich alle wohlfüllen. Die wenigen, handlungsleitenden Hausregeln geben die Grundhaltung vor: Zentral ist der gegenseitige Respekt und ein fairer Umgang miteinander. Jugendarbeit beinhaltet auch das Eintreten für gute Aufwachsbedingungen der Kinder und Jugendlichen in der Gemeinde und die Parteinahme für die Schwächeren.
Christoph: Bei der Kinder- und Jugendpolitik hat sich in den letzten Jahren und auf allen Ebenen einiges bewegt. Der Blick auf die Lebensweisen, insbesondere in einem urbanen Wohnumfeld sind wichtig. Die Jugendarbeit hat dabei eine tragende Rolle.
Jelena: Auch soll die Gesundheitsförderung in allen Facetten der Arbeit präsent sein und die Besucherinnen und Besucher in verschiedenen Formen ansprechen.
Was sind die Grundlagen für professionelles Handeln und sind diese im Freizeithaus vorhanden?
Peter: Im Freizeithaus haben wir eine grosse «Macherkultur». Und wir gehen gerne und mit grossem Einsatz auf die Anliegen unserer Besucherinnen und Besucher ein. Hingegen nehmen wir uns für Reflektionen, Austausch, Teamentwicklung und Fallbesprechungen zu wenig Zeit. Auch würden wir gerne besser vernetzt agieren und uns für abteilungsübergreifende Projekte in der Verwaltung engagieren.
Christoph: Ich ahne, dass sich das Team im Freizeithaus immer wieder fordert und sich durch die vielen inneren Ansprüche und äusseren Bedürfnisse auch mal über Mass einsetzt. Meine Erwartung an professionelles Handeln beinhaltet auch, dass sich das Team Sorge trägt, sich bewusst und mit feinem Sensorium ausgestattet vor Überforderung schützt.

Die Offene Jugendarbeit Allschwil gibt es seit 40 Jahren und hat eine Zukunft, weil…

Welche Entwicklungen und Tendenzen zeichnen sich ab?

Michel: Die Kinder wechseln immer jünger ins Jugendfreizeithaus. Sie verhalten sich ambivalent: in manchen Momenten noch ganz Kind, orientieren sie sich am Jugendsein und ahmen dieses nach. Im Freizeithaus können wir mit den unterschiedlichen Angeboten für Kinder und Jugendliche reagieren.
Daniel: Jugendliche schätzen die Nähe zur Stadt und die dortige «Anonymität». Doch fehlt ihnen auch dort Rückzugsräume, wo sie im Alter von 16 bis 19 Jahren ohne Konsumzwang sein können. Wir erhalten viele Raum-Mietanfragen für den 18. Geburtstag. Wir müssen für diese Altersgruppe attraktiv sein. Daher ist zu prüfen, wie die Wünsche der jüngsten Besucherinnen und Besucher mit denen der Älteren kompatibel sind.
Christoph: Die Gesellschaft wird immer individualisierter. Einmal bei einem Anlass mithelfen ist für viele ok. Aber beständig sich engagieren oder gar im Ehrenamt tätig sein eher nicht; viele Vereine und Verbände erleben diese Tendenz schmerzlich. Hoffentlich können die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter mit ihrem engagierten Wirken als Vorbild für die Jugendlichen dienen. Sicher kann ein offenes Angebot auch besser auf diese Entwicklung eingehen.

Wo stehen die Herausforderungen?

Jelena: Es gilt in den neuen Medien fit zu sein. Als Kommunikationsmittel sind Smartphones bei immer jüngeren Kindern etabliert. Das hilft uns beim Bewerben von Veranstaltungen oder in der Koordination von Projektgruppen. Wir stellen aber auch übermässiger Konsum fest und versuchen mit realen Erlebnisangeboten entgegenzuhalten.
Christoph: Es entstehen in Allschwil trotz der Verdichtung diverse neue Erholungsräume, Parks und Spielanlagen. Die Jugendarbeit muss die Raumplanung und deren Auswirkungen beachten und sich einbringen. Auch Formen der Mobilen Arbeit sind in Erwägung zu ziehen.
Daniel: Wie stark sollen wir uns dem Betreuungsaufwand von Projektgruppen widmen? Wie häufig treten wir selbst als Anbieter von Veranstaltungen auf? Wie oft unsere Räume für Privatanlässe, Kursanbieter oder externe Veranstalter zur Verfügung stellen? Es gilt die richtige Ausrichtung zu finden und die Ressourcen schlau einzusetzen.
Christoph: Das Freizeithaus darf sich auch als Vermittler für die Belange der Jugendarbeit in den Vereinen und Verbänden in Allschwil anbieten und Verantwortung in Netzwerken und in der Weiterbildung übernehmen.

Was gilt es trotz aller Entwicklung zu bewahren?

Peter: Weiterhin aufmerksam und offen den Anliegen der Jugendlichen begegnen. Räume und Beziehungen anbieten und gegenüber der Gemeindeverwaltung ein zuverlässiger Partner in den Jugendfragen sein.

Zum Ende dieses dreiteiligen Einblicks in die Offene Jugendarbeit Allschwil möchten wir dazu aufrufen: Wer eine gute Idee hat, ein Projekt realisieren möchte oder Räume mieten möchte, soll sich unverbindlich bei uns melden. Wir freuen uns, für die Jugend von Allschwil da zu sein, einen guten Ort und spannende Anlässe zu bieten. Auf der Website www.freizeithaus-allschwil.ch gibt es aktuelle Informationen. Bis demnächst im Jugendfreizeithaus!

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